4. Dezember 2012


Schöne Winterzeit im GartenPicker
Wichtels Adventsgeschichte
zum 4. Dezember


Der Troll und die Wichtelschlüpfer

Wichtelfrauen sind sehr ordentlich. Sie legen auch viel Wert auf ein adrettes Erscheinungsbild und scheuen weder Arbeit noch Mühe, plagen sich den lieben langen Tag. Das machen sie mit Freude, denn viele Arbeiten verrichten sie gemeinsam. Auch das Waschen ihrer Wäsche. Dafür haben sie ein Waschhaus, das am Rande des Wichteldorfes liegt. Dort treffen sich die Wichtelfrauen immer Montags. Mit dem Morgenlied auf den Lippen zieht jede Wichtelfrau gut gelaunt in der Frühe, den Korb mit Schmutzwäsche vor sich hertragend, Richtung Waschzuber. Der muss natürlich erst mit Wasser gefüllt und dann angeheizt werden. Wenn alle Wichtelfrauen versammelt sind, und ihre Körbe im Waschhaus abgestellt haben, teilt sich die Gruppe. Die einen gehen zum Tümpel, um Wasser zu holen, die andere sucht im Wald nach Reisig für das Feuer. Dabei schwatzen und lachen sie, Wichtel sind ein fröhliches Völkchen.

Eines Tages, es ist noch nicht sehr lange her, erlebten die Wichtelinnen eine böse Überraschung, als sie vom Tümpel und aus dem Wald zurückkamen. Alle Körbe waren umgestürzt, die Wäsche lag im ganzen Waschhaus verstreut, ein heilloses Durcheinander zeigte sich den Wichtelinnen. Vorsichtig traten sie näher, rümpften die Näschen und sprachen fast gleichzeitig aus: »Es stinkt nach Troll!«

Fluchtartig stürmten sie aus dem Waschhaus an die frische Luft, um im Chor »TROLLLAALAAAAAARM!« zu schreien. In Windeseile ließen die Wichtelmänner ihre Arbeit liegen, um zum Waschhaus zu eilen. Mit einem Tuch vor dem Mund, Trolle stinken furchtbar, betraten die Wichtel das Waschhaus und konnten ihren Frauen nur zustimmen: Hier hatte ein Troll gewütet. Aber was suchte der ausgerechnet im Waschhaus? Wollte er nur einen bösen Streich spielen, oder steckte mehr hinter dieser Aktion?

Zwei Wichtel wurden ausgesucht, die Mutigsten aus dem Dorf. Die wurden beauftragt, der Fährte des Trolles zu folgen. Die beiden Wichtel machten sich umgehend auf den Weg. Sie brauchten dabei nur ihrer Nase zu folgen, denn Trolle hinterlassen eine Duftspur, die sich selbst nach Stunden nicht verflüchtigt hat. Trolle hausen zumeist am Rand des Waldes, in der Nähe von Menschensiedlungen. Nachts wagen sie sich dann in die Nähe der Häuser und klauen dort, was nicht nied und nagelfest ist.

In einer Mulde entdeckten die Wichtel endlich den Unhold. Er hatte es sich in einem morschen Baumstupf eingerichtet. Vor seiner Behausung sah es furchtbar aus. Leere Bierdosen und Flaschen, Trolle lieben abgestandenen Alkohol, Zigarettenkippen, Trolle rauchen wie die Schlote, und jede Menge Dinge, die abends vor dem Zubettgehen von  den Menschen auf ihren Terrassentischen vergessen worden sind. Vor Trollen ist nichts sicher.

Vorsichtig schlichen die Wichtel näher an den Ort des Grauens. Der Troll sah so aus, wie er roch und schien sich offensichtlich sehr zu freuen. Vor ihm ausgebreitet lag tatsächlich Wichtelwäsche. Die beiden tauschten einen Blick aus, ihre Augen wurden immer größer. Sie spitzten ihre Öhrchen, um zu verstehen, was der dumme Troll vor sich herbrabbelte:
»Trolli wird reich! Schönes Buch hat Trolli geklaut. Trolli geht auf den Markt. Trolli wird reich! Trolli hat Wichtelschlüppi geklaut! Trolli wird rei-heeeeeich!«

Die Wichtel sahen sich wieder an, sie wollten ihren Ohren nicht trauen. Plötzlich erhob sich der Troll und die Wichtel gingen in Deckung. Gut geschützt durch Waldgras beobachteten sie, wie der Troll ein Wäschestück nach dem anderen vor sich hochhob, es betrachtete, um es dann auf ein ausgebreitetes Tuch zu legen. Dann faltete er das Tuch zusammen, verknotete es, um es dann an das Ende eines Stockes zu binden. Den setzte er auf seiner Schulter ab. Er sah aus wie ein Wanderer. Zärtlich strich er mit seinen schmutzigen Fingern über ein Menschenbuch, das er an die Wand des Baumstumpfes gelehnt hatte: »Schönes Buch hat Trolli geklaut! Trolli wird reich!«, waren seine Worte, bevor er sich auf den Weg machte.

Die Wichtel warteten, bis er außer Sichtweite marschiert war. Sie richteten sich auf und beschlossen, mit einem Tuch vor der Nase, denn der Gestank war unerträglich, sich die Behausung des Trolles aus der Nähe zu betrachten. Endlich war es ihnen auch möglich, wieder ein Gespräch zu beginnen, den Trolle haben sehr gute Ohren und können selbst das Flüstern eines Wichtels auf zwei Meter Entfernung verstehen.

»Die Schlüppis unserer Frauen können wir abschreiben!«
Der Angesprochene nickte verstehend.
»Lass uns schauen, was das für ein geheimnisvolles Buch ist, von dem sich der Troll Reichtum verspricht!«
Wieder nickte der andere, meinte dann aber: »Hör mal, dass der Troll die Schlüppis zu Geld machen will, verschweigen wir besser unseren Frauen! Nicht, dass die uns noch auf dumme Gedanken kommen … !«

Diesmal nickte der andere Wichtel sehr verstehend. Sie schlichen sich so nah an, bis sie den Text auf dem Umschlag des Buches deutlich sehen konnten und lasen beide den Titel vor: »briefe an lieschen: Ein modernes Märchen für Erwachsene«



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