8. Dezember 2012

Schöne Winterzeit im Garten Picker

Wichtels Adventsgeschichte
zum 8. Dezember


Das Menschenkind

Lars saß auf seinem Bett und betrachtete sein Kinderzimmer aufmerksam. An der gegenüberliegenden Wand hing sein Flachbrettbildschirm. Eine große dunkle Fläche, die wie ein verglastes Loch aussah. Die Fernbedienung hatte ihm seine Mutter weggenommen. Lars musste grinsen. Denn solche Fernsehverbote hielt seine Mutter nie lange durch. »Spätestens heute Abend habe ich sie wieder zurück.« Er wusste, dass seine Mutter ihre Ruhe haben wollte. Mit Fernsehverbot strafte sie sich selbst ab, denn dann forderte Lars Aufmerksamkeit ein. Und das nervte seine Mutter.

»Ob die Wichtel auch Fernsehen haben?« Vorstellen konnte sich Lars das nicht. Er überlegte, mit wem er über die Begegnung mit Polli sprechen, wer noch von den Wichteln im Wald wissen könnte. Seine Eltern würden ihm nicht glauben. »Spinn nicht herum!«, würden sie sagen. Seine Klassenkameraden nennen ihn auch Spinner und Angeber. Spielkameraden hat er nicht, weil keiner mit Lars, dem Großkotz zu tun haben will. Heute wurde er nach der Schule wieder gemobbt. Er hatte gerade den Schulhof verlassen  und wollte sein Musikhandy einschaltet, als plötzlich Lukas mit seinen Kumpels vor ihm stand. »Na, Spinner, haste wieder Mathe vergeigt?« Sie lachten alle und dann riss ihm Lukas das Handy aus der Hand, ließ es auf den Boden fallen und trat darauf. Danach liefen sie weg und riefen dabei noch »Heulsuse!«

Lars hatte immer zwei Handys dabei, eins, auf dem seine Mutter ständig anrief und eins, um Musik zu hören. Das war jetzt kaputt. Aber er hatte ja noch drei in seinem Zimmer. Die würde er gerne gegen drei Freunde eintauschen. Wenn er das könnte. Aber das geht nun einmal nicht. Sein Vater würde keinen großen Stress machen, wenn er von der Fünf in Mathe erfährt. Er würde nur sagen: »Du möchtest doch zu Weihnachten das neue XV Super geschenkt bekommen … Dann streng dich an!« Dabei wusste Lars ganz genau, dass er das neue Handy auch ohne Anstrengung zu Weihnachten bekommt. »Ich möchte, dass der Junge den anderen Kindern immer um eine Nasenlänge voraus ist! Dem soll es an nichts fehlen!« Hatte Lars ihn einmal sagen hören.

Lars betrachtete die beiden Bücher, die er aus einer seiner Spielzeugkisten herausgesucht hatte. Sie haben ganz unten gelegen, unter unnützen Plastikkram. Ihm kam eine gute Idee. Er wusste jetzt, was er seinem Vater antworten würde. Er wird ihm sagen: »Nein! Ich will kein XV Super! Ich wünsche mir, dass wir zusammen lesen und lernen!« Und dann würde er seinem Vater das Buch »ABC Walpurgisnacht!: Buchstaben sind (k)eine Hexerei « in die Hand drücken.


Zurück zu #News #Literatur #Kunst 
oder »Ein Buch lesen!«